Ortsgeschichte

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Es ist naheliegend, Rückschlüsse auf das Alter des Ortes Willroth aus der -roth- Endung zu ziehen. Demnach würde der Ort zu einer ganzen Reihe von Wohnsiedlungen im Westerwald zählen, die in verschiedenen Rodungsphasen entstanden sind, beginnend in der karolingischen Zeit bis ins 14. Jahrhundert. Für diese Annahme spricht, daß Willroth als zur Pfarrei Horhausen gehörig, die erstmals 1217 erwähnt wird, in einer ersten Belehnungsurkunde der Isenburger Grafen mit der Herrschaft Horhausen im Jahr 1338 genannt wird.
Gegen diese Auffassung spricht jedoch die Tatsache, daß die Gemarkung als Rodungsplatz aufgrund ihrer kargen Bodenbeschaffenheit wenig geeignet war. Auch scheint die Herleitung des Ortsnamens und der Gründungszeit, wie dies ohne jegliche Quellenangabe häufiger versucht wird, aus einer Rodungsmaßnahme eines Willo oder Wilhelm vorzunehmen, wenig glaubwürdig.

Verlockender und der Ortslage gerechter werdend wäre die Herleitung des Ortsnamens von dem altdeutschen Wort "Werre", womit eine Vorrichtung zum Abschließen oder oder Schlagbaum gemeint war. Im Sprachgebrauch der einheimischen Bevölkerung wird Willroth heute ähnlich lautend als "Wernt" bezeichnet. Sollte Willroth demnach eine frühere Grenzsiedlung gewesen sein?

Urkundliche Erwähnungen des Ortes aus verschiedenen Jahrhunderten und die darin verwendeten Bezeichnungen des Ortes könnten diese Annahme bestätigen. Durch Lautverschiebungen ist so aus "Werod", "Wirroth", "Wierode", "Wilraut", "Wilrauter Berg", "Weherod" und "Willrot" das heute Willroth geworden.
Die Einsichtnahme in die landesherrschaftlichen Gegebenheiten durch die Jahrhunderte hindurch lehrt uns, daß Willroth seinen Namen tatsächlich von einer Siedlung an einer Grenze herleiten kann.

In einer Grenzbeschreibung der Großpfarrei Rengsdorf aus dem Jahr 857 wird als nördlichster Punkt der "weiße Stein" angegeben. Willroth als Ort findet zwar darin keine Erwähnung. Doch hat sich dieser Grenzstein bis in unsere Zeit erhalten. In zahlreichen Urkunden wird er immer wieder genannt. So in Grenzvergleichen zwischen den Häusern Wied und Isenburg aus den Jahren 1524 und 1561, zu denen es aufgrund von voraufgegangenen Grenzverletzungen im Bereich von Willroth und Gierend gekommen war.

In dem Bemühen, den genauen Grenzverlauf zu beschreiben, werden damal übliche Grenzmarkierungen wie Gräben, Malbäume, Gebücke, Schlagbäume und eine Landwehr erwähnt. Des öfteren ist auch die Rede vom "Gierenter Schlag", also einer Straßenbarriere.
1595 erhält Willroth als Grenzort wiederum Bedeutung, als nach der Teilung der Grafschaft Wied an diesem "weißen Stein" nunmehr drei Landeshoheiten aufeinandertreffen: Isenburg als trierischer Lehnsnehmer, dem Willroth nach wie vor angehörte, Wied-Neuwied und Wied-Dierdorf.

Mit dem Aussterben der Isenburger -Graf Ernst von Isenburg starb 1664 - versuchte das Haus Wied aufgrund verwandschaftlicher Verknüpfung mit dem Haus Isenburg, Erbansprüche auf die Herrschaft Horhausen - Peterslahr geltend zu machen, zumal es Besitz in der Willrother Gemarkung nachweisen konnte.
Churtrier verstand es jedoch, in den Prozessen am Reichskammergericht, den Anspruch auf die Herrschaft Horhausen - Peterslahr durchzusetzen und dieses Gebiet als "erledigtes Lehen" direkt an sich zu ziehen. Im Falle, daß Wied seine Ansprüche durchgesetzt hätte, wäre für Willroth der Charakter als Grenzdorf verloren gegangen.
Von seiner erzbischöflichen Kammer in Ehrenbreitstein aus, vertreten durch den Amtsverwalter in Herschbach, übte es nunmehr selbst seine Landeshoheit aus. Der jeweilige Pfarrer in Horhausen war Zehntherr, womit seine Besoldung gesichert war.
Die Schultheißen waren im Auftrag Triers für die kommunale Verwaltung zuständig. Sie kamen aus den Ortschaften der Pfarrei, so auch nachweislich von Willroth. Eine kirchliche Gerichtsbarkeit bezeichnet als "Sendamt" oder "Sendgericht" unter dem Vorsitz des Pfarrers und den Sendschöffen aus den Filialorten als Beisitzern wachte über das Verhalten der Bevölkerung im religiösen Bereich. Da es eine Trennung von Kirche und Staat nicht gab, konnte eine genaue Abgrenzung zwischen kirchlicher und staatlicher Gerichtsbarkeit nicht vorgenommen werden.
Trier seinerseits legte großen Wert auf eine exakte Abgrenzung seines Gebietes zu den benachbarten Landesherrschaften. Bei Grenzbeschreibungen der Herrschaft Horhausen-Peterslahr, sogenannten "Weistümern" aus den Jahren 1683 und 1774 wird insbesondere im Bereich von Willroth Sorgfalt in der Textfassung angewandt.
Offensichtlich ist es der Erzreichtum, den man als gewinnbringend erkannt hatte. Trier selbst hatte unterdessen den bis dahin in der Hand von Eigenlöhnern umgehenden Bergbau an sich gezogen und begann nun mit dem Vortrieb der Stollen. Da auch das Haus Wied sein Augenmerk in der Gemarkung Girmscheid des Ortes Gierend unweit von Willroth auf das Erz gerichtet hatte, mußte es notgedrungen erneut zu einer genauen Abgrenzung der Herrschaftsbereiche kommen. In einer exakten, umfangreichen Vertragsregelung kommt 1787 eine gemeinsame trierisch-wiedische Kommission zur Abfassung eines Grenzvertrages, der sich wiederum auf den "weißen Stein" südlich von Willroth bezieht. Ein Jahr später erfolgt eine genaue Grenzsteinsetzung entsprechend dem Vertragstextes, die zum Teil heute noch nachvollziehbar ist.

Wie auf den beiden anderen Gruben im Horhausener Bereich, Friedrich Wilhelm und Louise, entwickelt sich nun im Grubenfeld Georg ein reges Leben. Trier hat unterdessen in den Jahren 1769/70 seine Sayner Hütte errichten lassen. Das gesamte in den Horhausener Gruben geförderte Erz wird von den Gruben bis zur Rheinstraße, der heutigen Bundesstraße, mit Viehfuhrwerk transportiert und von dieser abzweigend auf der heute noch so bezeichneten "Steinstraße" an Urbach und Maischeid vorbei bis nach Bendorf-Sayn gebracht. Nicht nur im Bergbau selbst und durch den Erztransport gab es fortan Brot und Auskommen. Da die Erze anfangs noch mit Holzkohle verhüttet wurden, erfuhr die Köhlerei einen Aufschwung. Zahlreiche ehemalige Meilerplätze, auch auf Privatbesitz, sind heute noch in den Wäldern der Willrother Gemarkung auffindbar.

1803 erlebte die Herrschaft Horhausen - Peterslahr duch die Neuordnung Europas einen Besitzerwechsel. Nassau - Weilburg wurde neuer Landesherr. Trier behielt lediglich seinen kirchlichen Einfluß und verlor seine territoriale Landeshoheit. Die Unruhe der napoleonischen Zeit gewährte den Einwohnern kaum Gelegenheit, sich an den neuen Landesherren zu gewöhnen. Des Eisenerzbergbaus durch Bergwerke an der Lahn kundig, legte Nassau - Weilburg in der Senke nordöstlich von Willroth den "Tiefen Georg Stollen" an, um das Grubenfeld auf dem Willrother Berg zu erschließen.

Die Bestimmungen des Wiener Kongresses ordneten 1815 unser Gebiet der Preußischen Rheinprovinz zu. Wiederum wurde Willroth dabei zum Grenzort. Die alten landesherrschaftlichen Grenzziehungen zwischen Isenburg und Wied wie auch zwischen Trier und Wied-Neuwied bzw. Wied-Dierdorf berücksichtigend, wurde 1816 bei der Einteilung unserer Region in Landkreise erneut der "weiße Stein" zum Anhaltspunkt für die Gestaltung der Kreise Altenkirchen, dem Willroth als südlichster Ort angehört, und Neuwied. Der östlich von Willroth verlaufende, unweit des "weißen Steins" entspringende "Waldbach" wurde bis zu seiner Mündung in die Wied bei dieser Bildung der Landkreise zum "Grenzbach"; diese Bezeichnung trägt er heute noch offiziell (siehe Tourismus/Grenzbachtal).
Die Willrother Bürger, bisher unter Isenburg, Trier und Nassau-Weilburg an den Verwaltungssitz Herschbach seit Jahrhunderten gewöhnt, müssen sich nun neu orientieren. Flammersfeld, im ehemaligen sayh-hachenburgischen Gebiet gelegen, wird durch Preußen zum Sitz der zuständigen Bürgermeistereiverwaltung bestimmt.
Im Empfinden der Bevölkerung von damald bedeutete dies, für uns heute nur schwer nachvollziehbar, wegen der konfessionellen Unterschiede im Umgang miteinander etwas Neues. Hatten die Willrother zwar schon lange wegen der räumlichen Nähe zur Pfarrei Honnefeld, wo 1564 die Reformation eingeführt worden war, Kontakte zur evangelischen Bevölkerung, so war doch streng von beiden Seiten auf eine klare Distanzierung geachtet worden. Die gesamte Bevölkerung des Horhausener Gebietes hatte ohnehin bis 1815 evangelisches Gebiet zu durchwandern, wenn sie zum Verwaltungsort Herschbach gelangen wollte.
Der im Verwaltungsbereich straff geführte preußische Staat brachte spürbare Verbesserungen im heimischen Raum. Die Ablösung des Zehnten und alter Dienstleistungsverpflichtungen, die Intensivierung des Bergbaus und Straßenbaumaßnahmen, insbesondere unter Bürgermeister Raiffeisen, ließen Sympatien für den preußischen Staat aufkommen.

Durch die modernisierte preußische Gemeindeordnung von 1851 war es auch Willroth vergönnt, in hohem Maße seine Selbstverwaltung zu betreiben. So regelten die Gemeinderäte selbstständig die Nutzung des Gemeindewaldes, sie befanden über die Gewährung von Wohnrecht an Auswärte, sie verkauften und verpachteten Grund und Boden an die Firma Friedrich Krupp, die 1865 Eigentümer der Grube Georg geworden war. Bauland wurde zugewiesen und um die Wasserversorgung war man durch die Anlage von Brunnen bemüht. Die Protokolle der Gemeinderatssitzungen, die ab 1846 vorliegen, weisen insgesamt ein eigenständiges Denken und Handeln zugunsten der Bevölkerung aus.

Ab 1890 tauchen in den Protokollen der Gemeinderatssitzungen Überlegungen zum Bau einer dorfeigenen Schule auf, die dann 1904 in Benutz genommen werden konnte.
So wie man nun den Kindern den beschwerlichen Schulweg nach Horhausen erspart hatte, bemühte man sich fortan um den Bau eines Gotteshauses. 1934 konnte auch dies erreicht werden. 1964 wich dieese Kapelle dem Bau einer stattlichen Kirche.
Eine Strukturwandlung für den Ort und darüberhinaus ergab sich durch das Ende des Eisenerzbergbaues 1965. Die Ansiedlung einer Gesenkschmiede auf dem Betriebsgelände der Grube vermied eine Massenarbeitslosigkeit. So lebt der tradiontionsreiche Berufsstand des Bergmannes nunmehr nur noch in der Erinnerung einer von Jahr zu Jahr geringer werdenden Zahl von Einwohnern fort. Mit dem Berufsstand des Bergmannes war jahrhundertelang auch der Betrieb von kleinflächigen Landwirtschafen verknüpft, die im Ertrag gewöhnlich nur zur Deckung des Eigenbedarfs an Lebensmitteln ausreichten. Der in der Landwirtschaft sich zeigende Strukturwandel mit der Tendenz zur Aufgabe der Kleinbetriebe, wie sie in Willroth durch Realteilung üblich waren, trag nahezu gleichzeitig mit dem Ende des Bergbaus zusammen.

So hat Willroth innerhalb kürzester Zeit seine traditionelle Prägung aufgeben müssen. Wie auch in den anderen Gemeinden der jetzigen Verbandsgemeinde Flammersfeld ist Willroth unverändert als eigenständige Gemeinde erhalten geblieben, indem es die Bildung einer Großgemeinde im Rahmen einer Verwaltungsreform zusammen mit anderen Gemeinden ablehnte.

In den Jahren 1992/93 wurde mit der Anlegung des Industriegebietes Horhausen-Willroth-Krunkel eine weitere Beschäftigungsmöglichkeit geschaffen.

Mit der günstigen verkehrstechnischen Anbindung des Ortes durch Bundesstraße und Autobahn und seit neuestem auch mit der ICE Strecke Köln-Frankfurt, die Entlang der Gemarkung Willroths vorbeiführt, sind die Vorraussetzungen für eine gute Zukunft gegeben.

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